Ehrenamtliches Engagement 100 Kilometer zu Fuß zum Arzt
Kölner StadtAnzeiger, 08.05.201508.05.2015

3065406833057083dmFlashTeaserRes71 840429493AChristaWagene2808.05.2015 173A143A343A36529Christa Wagener (l.) und ihre Kollegin, die Zahnarzthelferin Ines Paufler, halfen zwei Wochen ehrenamtlich in Namibia. Foto: Lehmann
Die Urfelder Zahnärztin Christa Wagener und ihre Kollegin Ines Paufler leisteten in Namibia im Auftrag der "Zahnärzte ohne Grenzen" medizinische Hilfe. Die Bedingungen waren sehr schwer und meistens mussten nicht nur Zahnprobleme behandelt werden. Von Birgit Lehmann
Ein Bild hat sich in Dr. Christa Wageners Gedächtnis eingebrannt. Der kleine Gottfried, der mit offenen Wunden an den Beinen vor ihr stand. „In den Wunden saßen die Fliegen." Zwei Wochen war die Urfelder Zahnärztin und Heilpraktikerin und ihre Kollegin Ines Paufler in Namibia unterwegs, um dort im Auftrag der „Zahnärzte ohne Grenzen" medizinische Hilfe zu leisten. Doch nicht immer nur konzentrierte sich ihre Hilfe auf die Zähne. Oftmals waren es auch andere Krankheiten und Wunden, die behandelt werden mussten. Zudem waren viele Patienten mit HIV infiziert oder hatten Hepatitis oder Tuberkulose.
In Townships und mitten im Busch im Norden Namibias waren sie unterwegs, um unter einem Holzunterstand zu arbeiten. Die medizinischen Geräte hatten sie im Kofferraum ihres Geländewagens viele Kilometer über einfache Schotterpisten transportiert. In den Dörfern seien sich schon erwartet worden. Zum Teil über 100 Kilometer seien die Patienten zu Fuß zur Behandlung bekommen, berichtet die Ärztin. Ihr Einsatz sei zuvor über ein Radio angekündigt worden. Das einzige Radio eines Dorfes habe sich an einer Tankstelle befunden, diese Tankstelle war der Treffpunkt für die Dorfbewohner. In Namibia würden erst seit kurzem überhaupt Zahnärzte ausgebildet, berichten die beiden. Die wenigen Privatärzte, die es gebe, ließen sich die Behandlung teuer bezahlen. Viele der Afrikaner, die sie behandelten, hatten nicht einmal Geld für genügend Essen. Die Mangelernährung zeichnete sich auch am Zustand der Zähne ab. Zumeist hätten sie diese einfach nur ziehen können. Sie waren in einem Viererteam unterwegs und hatten zusammen in den zwei Wochen 200 Zähne gezogen und nur 20 Füllungen gemacht.
Für eine aufwendige Wurzelbehandlung hätte ohnehin die Zeit und auch das Gerät gefehlt. Einzig einen Bohrer und einen Sauger, der von einer tragbaren elektrischen Einheit angetrieben wurde, hatten sie zur Verfügung. Der Behandlungsstuhl musste vor jedem Einsatz zusammengebaut werden und konnte in der Höhe nicht verstellt werden. Die Zangen und Pinzetten wurden abends in einem Drucktopf, der von einem Gaskocher erhitzt wurde, sterilisiert. Die Afrikaner seien erstaunlich ruhig bei der Behandlung gewesen. „Sie haben sich immer gewundert, wenn wir gesagt haben, es sei vorbei." Sie hätten zuvor ja nie die Erfahrung einer Betäubung gemacht. Aufgefallen ist ihnen der gute Zustand der Zähne der Kinder: „Viel besser als bei uns. Aber die bekommen ja auch keine Süßigkeiten." Insbesondere die Kinder hätten Spaß an den geschenkten Zahnbürsten gehabt, sagt Wagener und berichtet von einem Jungen, der sich voller Eifer an einem Brunnen die Zähne geputzt habe.
Sie selbst verteilten neben 400 Zahnbürsten auch Spielsachen an die Kinder. Spenden, für die sie auch ihren Patienten daheim dankbar sind. Am Ende hatte jeder 64 Kilo Übergepäck dabei. Schon immer habe sie vorgehabt, in einem Dritte-Welt-Land zu helfen, sagt die 60-Jährige. Doch lange Zeit habe dafür das Geld gefehlt. Denn im Gegensatz zu den „Ärzten ohne Grenzen" müssen die Zahnärzte ihren Flug, Mietwagen und Benzin sowie die mitgebrachte Medizin, selbst finanzieren. Ihr Fazit nach ihrem ersten Einsatz: „Wir fahren wieder hin, nächstes Jahr, dann in den Süden von Namibia."