Die Wärme Namibias im Hochschwarzwald

15. Mai 2013, Badische Zeitung; Musikalisches Selbsthilfeprojekt aus dem Süden Afrikas: Auftritt des Chors "Thlokomela" in Hinterzarten.

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  1. Die Musiker aus Namibia bei ihrem Auftritt in Hinterzarten. Foto: M.Pfordt
HINTERZARTEN. Hinterzartens evangelischer Pfarrer Hellmuth Wolff zeigte sich erfreut den Chor "Thlokomela" in seiner Kirche begrüßen zu dürfen. Er bat die Besucher, die die Kirche bis in die hintersten Reihen füllten, sich auf die 14 jungen Menschen aus Namibia einzulassen, sie kennenzulernen und sich von deren Freude anstecken zu lassen. Der Chor Thlokomela besteht seit 2008 und versteht sich als Selbsthilfegruppe, die mit ihrer Musik und sozialen Arbeit bewusst ein Zeichen setzen möchte gegen die allgegenwärtige Armut in Katutura, einem Vorort der Hauptstadt Namibias.
Katutura heißt in der Sprache der Herero so viel wie: "Der Ort, an dem wir nicht bleiben möchten". Die extreme Armut mit ihrer Perspektivlosigkeit in den Townships mit ihren Wellblechsiedlungen, in denen mehr als die Hälfte der Einwohner unter 18 Jahre alt ist, führt oft zu Alkoholismus, Kriminalität, Prostitution, Vergewaltigungen und Schulabbrüchen.
Es ist die unbändige Lebensfreude der jungen Einwohner Katuturas die Bernd Seibel, Dozent der evangelischen Hochschule in Freiburg, und der seit Jahren das Projekt der Jugendlichen unterstützt, so tief beeindruckt. Trotz der widrigen Lebensumstände trifft sich unter der Leitung des Chorleiters Dawid Hensel-Gawub eine Gruppe von rund 100 Jugendlichen zum gemeinsamen Singen. "Mit der Musik können wir die Menschenwürde der jungen Menschen erhalten oder wieder herstellen. Wir geben ihnen mehr Selbstbewusstsein und Mut für ein besseres Leben", sagt Hensel-Gawub. Selbst wenn sie kaum die Umstände verändern können, meint er, so arbeiten sie doch an ihrer Lebenseinstellung um Veränderung zu bewirken. Der Chor ist Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche, von denen viele bereits Waisen sind.
 
Von all diesen Problemen spürt das Publikum in der Kirche in Hinterzarten beim zweistündigen Chorkonzert nichts. Die jungen Sänger kämpfen ein wenig mit der Kälte des Hochschwarzwaldes, die auch Mitte Mai noch nicht recht weichen will. Doch sie haben viel Wärme aus Namibia mitgebracht, die sie mit den deutschen Gastgebern durch den Klang des Gospels teilen. Organisator Seibel würdigt die Anwesenheit des Hinterzartens Bürgermeisters Tatsch als wichtiges Zeichen an die Besucher aus Namibia, hier willkommen zu sein. Namibias Amtssprachen waren bis zu dessen Unabhängigkeit 1990 Englisch, Deutsch und Afrikaans. Daneben spiegelt sich die Vielfältigkeit Namibias auch in den zahlreichen weiteren Nationalsprachen und Dialekte. Dementsprechend vielfältig zeigten sich auch die Liedtexte des Gospelkonzerts, das mit packend lebensfrohen traditionellen Tänzen dargeboten wurde. Kaum zu glauben, dass keines der Chormitglieder eine musikalische Ausbildung besitzt, auch nicht der Chorleiter.
 
Der samtweiche Mezzosopran der Sängerinnen rührt direkt das Herz. Die vielstimmige Umrahmung des traditionellen Chors versetzt den Hörer augenblicklich in die Savannen Afrikas. Manchmal beginnt ein Lied in Afrikaans und wird dann mit englischen Worten ergänzt, manchmal enthält ein christliches Lied in deutscher oder in lateinischer Sprache die Färbung afrikanischen Klangs. Die für die Ohren unserer Breiten ungewohnten Klick- und Schnalzlaute in einer der Nationalsprachen Namibias erinnert an die Ferne, aus der die Jugendlichen gekommen sind. Sie singen Lieder von Hoffnung, vom Nicht-Aufgeben-Wollen und von ihrer Liebe zu Gott, die sie auf ihrem schwierigen Weg stützt. Bernd Seibel versichert den Besuchern, dass die im Anschluss gesammelten Spenden eins zu eins bei den bedürftigen Kindern in Katutura ankommen, um ihnen das Leben ein kleines Stück schöner zu machen.