Schwäbische.de , 07.12.2011

Riesen-Maschine frisst sich durchs Buschwerk

Volle Kraft voraus: Dr. Detlef Purschke, Gesellschafter bei AHWI Maschinenbau, (rechts) und Firmengründer Artur Willibald präsentieren die Erntemaschine
Volle Kraft voraus: Dr. Detlef Purschke, Gesellschafter bei AHWI Maschinenbau, (rechts) und Firmengründer Artur Willibald präsentieren die Erntemaschine "Kangaroo H 600" in Herdwangen. (Foto&Text: David Köndgen)

Herdwangen-Schönach „Wir schauen kraftvoll in die Zukunft und haben ein super Team“, sagt AHWI Gesellschafter Dr. Detlef Purschke. Vor rund einem halben Jahr war der in Südtiroler Pistenfahrzeughersteller Prinoth beim Herdwangener Maschinenbauer AHWI eingestiegen. Seither hat sich einiges getan. Minenräumfahrzeuge sind aus dem Angebot verschwunden. Stattdessen frisst sich nun die große rot-graue Maschine „Kangaroo H 600“ durch das afrikanische Buschwerk.

Positiv: Seit 2008 hat es im Unternehmen keine Entlassungen mehr gegeben. Und auch die „kameradschaftliche Zusammenarbeit“ mit Prinoth bringt „nachweisbar positive Auswirkungen“ mit sich. Etwa führe das gemeinsam genutzte Netzwerk im Einkauf zu deutlich besseren Konditionen. Es sei inzwischen sogar wieder möglich, Mitarbeiter einzustellen. Derzeit beschäftigt der Maschinenbauer 100 Angestellte, zwölf befinden sich in Ausbildung. Damit nicht genug: „Wir suchen immer Talente“, sagt Detlef Purschke.

„Sie hüpft und hat einen Beutel, deshalb nennen wir sie Känguru“, erklärt Purschke. Acht solcher Biomasse Ernte-Systeme hat die AHWI nach Namibia verkauft. „Wir verwenden Tiernamen für unsere Produkte“, erklärt Firmengründer Artur Willibald. Da kommt auch der Name „Raptor 800“ nicht von Ungefähr. Der Velociraptor (deutsch: schneller Räuber) war ein Dinosaurier, der vor rund 80 Millionen Jahren lebte. Alle Namen bestimmt das ganze AHWI-Team, selbstverständlich demokratisch, betont Purschke.

Das Riesen-Känguru schneidet in Namibia vier bis sechs Meter hohes Buschwerk ab, 100 000 Tonnen pro Jahr. In einem Zementwerk ersetzt die in einem Arbeitsgang geerntete und zerkleinerte Biomasse als „grüne Kohle“ fossile Brennstoffe wie etwa Öl oder Benzin. Das honoriert auch die Politik: Entwicklungshilfe-Minister Dirk Niebel besuchte das Leuchtturmprojekt bereits zweimal. Bei der AHWI liegt bereits die Anfrage vor, das Projekt auf dem Klimagipfel der G20-Staaten im kommenden Jahr zu präsentieren. Denn: Der gesamte Energiebedarf Namibias könne „aus dem Busch gedeckt werden“.

Der Nutzen für Land und Umwelt ist aber bei Weitem vielschichtiger. Die Rodung führe auch dazu, die ursprüngliche Savannenlandschaft wiederherzustellen und wirkt so der Verbuschung. Innerhalb von fünf bis acht Jahren wachsen die Büsche komplett nach und der Prozess kann von vorne beginnen. „Das ist wie Haare schneiden“, sagt Detlef Purschke schmunzelnd.

Die „weltstärkste Maschine“, der „Raptor 800“, befindet sich derzeit noch in der Erprobungsphase. Im Mai 2012 soll die Serienproduktion beginnen. Die beiden „komplett neuen Systeme“ hat AHWI auch auf der weltgrößten Landwirtschaftsmesse Agritechnica in Hannover vorgestellt. Die Resonanz fiel „extrem gut“ aus. Der Stand war dreimal so groß und die Messe dreimal so erfolgreich, freut sich Detlef Purschke. Will heißen: „Die geknüpften Kontakte haben sich nachhaltig in Geschäfte umsetzen lassen.“

Gesellschafter Detlef Purschke spricht aber auch die unangenehmen Themen an: Im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energien wie etwa Windkraft oder Solarenergie friste die Forstwirtschaft nach wie vor ein „Schattendasein“. Und: „Wir tun uns als Mittelständler schwer, unsere Mitarbeiter zu halten.“ Gemeinsam mit Prinoth wolle man deshalb eine kleine Akademie gründen, um aus den eigenen Reihen „gute Projektleiter“ auszubilden.