Handelskammer sieht im südlichen Afrika gute Rahmenbedingungen für wirtschaftliches Engagement - 31.10.2014

1485829 1 teasersmallnocrop 5452b65044e8cGrößerer Hafen für Walvis Bay

Von Peter Hanuschke und Frank Odenthal; photo: Odenthal


Er ist bereits der wichtigste Hafen des Landes: Demnächst will Walvis Bay Harbour an Namibias Altantikküste zu den bedeutendsten Frachthäfen des Kontinents aufsteigen. Seit der Unabhängigkeit im Jahr 1990 hat Bremen nicht nur kulturelle, sondern auch wirtschaftliche Beziehungen zu Namibia.

Der Ausbau ist überfällig. Das behauptet zumindest Liz Sibindi, Sprecherin der staatlichen namibischen Hafenbetreibergesellschaft Namport. Schon 2010/2011 sei der Hafen bei 220 000 Standardcontainern (TEU) jährlich schier aus allen Nähten geplatzt, so Sibindi. Inzwischen habe man es mit weit über 300 000 TEU pro Jahr zu tun. Deshalb werde der Tiefseehafen vor allem für den Containerumschlag, aber auch für den Handel mit Automobilen und zur Verschiffung von Kohle ausgebaut.

Auf 3,2 Hektar soll nun bis 2018 ein neuer, moderner Containerterminal entstehen und damit Raum schaffen für zusätzliche 700 000 TEU. Mit einer Kapazität von über einer Million TEU wird Walvis Bay Harbour dann zu den größten des Kontinents gehören. Zum Vergleich: 2013 wurden in Bremerhaven 5,8 Millionen Standardcontainer umgeschlagen, der Hamburger Hafen schlägt jährlich rund neun Millionen Container um. Der größte Hafen des südlichen Afrikas, Durban, kommt auf 2,8 Millionen TEU.

Auf weiteren 2800 Hektar auf einem angrenzenden Industriegebiet sind für den Walvis Bay Harbour Kohlelager, Fabriken und Logistikzentren mit ausreichendem Speichervolumen geplant – und Parkplätze. Denn beim Import von Autos habe das Wachstum inzwischen sogar exponentiell zugenommen, sagt Sibindi. „Noch vor wenigen Jahren kamen etwa 200 Autos pro Monat in Walvis Bay an. Heute sind es etwa 1500 Autos.“ Wegen seiner guten Verkehrsanbindungen an die Nachbarländer, vor allem an die Binnenländer Botswana, Sambia und Simbabwe, gilt Walvis Bay mittlerweile als ideales Sprungbrett für das gesamte südliche Afrika. Mit dem Trans-Kalahari- und dem Trans-Caprivi-Highway starten zwei bedeutende interkontinentale Überlandrouten in Walvis Bay und verbinden Zentralafrika und die Küste des Indischen Ozeans mit der Atlantikküste. Und mit dem im März dieses Jahres von den Regierungen von Namibia und Botswana beschlossenen Trans-Kalahari-Railway-Project entsteht eine Eisenbahnverbindung, die den Hafen von Walvis Bay nicht nur mit den riesigen Kohlevorkommen im Nachbarland Botswana verbinden wird, sondern auch mit der dicht besiedelten Provinz Gauteng in Südafrika.


Der Schlüssel zum Erfolg für Walvis Bay Harbour, heißt es auf einer Firmenpublikation von Namport, sei der Anschluss an ebenjene Provinz Gauteng im Nordwesten Südafrikas. Über dreizehn Millionen Menschen leben dort, vor allem in den boomenden Metropolen Johannesburg (4,4 Millionen Einwohner) und Pretoria (drei Millionen). Es ist eine der am dichtesten besiedelten Regionen des afrikanischen Kontinents. Die Rechnung von Namport scheint daher einfach: Wer den internationalen Containerreedereien und anderen Transportlogistikern den schnellsten Zugang zu diesem entscheidenden Markt bietet, macht das Rennen.


Bislang hatten die beiden großen südafrikanischen Häfen von Durban und Kapstadt die Nase vorn. Durban, der größte Hafen in Afrika südlich der Sahara, war dank seiner Lage am Indischen Ozean und der geografischen Nähe zur Provinz Gauteng die bevorzugte Anlaufstelle vor allem für Schiffe auf der asiatischen Route und für europäische Frachter, die sich für die Passage durch den Suezkanal und entlang der Küste des Indischen Ozeans entschieden. Doch diese Route ist wegen der zuletzt starken Gebührenerhöhungen für die Nutzung des Suezkanals sowie der Pirateriegefahr am Horn von Afrika in Verruf geraten.


Davon profitiert nun Walvis Bay Harbour dank seiner Lage an der afrikanischen Westküste. Denn mit der für 2019 geplanten Fertigstellung der Eisenbahnverbindung nach Pretoria erreichen die Güter, die in Walvis Bay Harbour angelangen, die südafrikanischen Metropolen der Provinz Gauteng – auch weil sie die zeitraubende Passage rund ums Kap der Guten Hoffnung einsparen – bis zu elf Tage schneller als über den Hafen von Durban und eine knappe Woche schneller als über Kapstadt.


Doch habe Walvis Bay noch weitere Vorteile zu bieten, sagt Namport-Sprecherin Sibindi. Die namibischen Behörden etwa gelten als weniger anfällig für Korruption als die ebenfalls an der Atlantikküste liegenden Häfen von Angola und der DR Kongo, behauptet sie. Und die klimatischen Bedingungen an Namibias Küste, an der die Gefahr von Stürmen und Sturmfluten gering sei, so Sibindi weiter, erlauben das ganze Jahr hindurch einen reibungslosen Warenumschlag.


Doch es gibt Kritiker der Ausbaupläne. Zu ihnen gehört Rob Braby. Er ist Direktor der Nacoma, einer lokalen Umweltschutzorganisation. „Die Bucht von Walvis Bay ist ein äußerst sensibles Ökosystem“, erklärt er. „Das Hafengebiet grenzt an einen besonders geschützten Teil der Bucht, der wegen seiner Bedeutung für Zugvögel zur RAMSAR-Schutzzone erklärt wurde. Außerdem leben in der Bucht Delfine, die ebenfalls unter Schutz stehen. Und die Vertiefung der Fahrrinne von heute neun Metern auf vierzehn Meter wird ebenfalls Spuren hinterlassen.“


Wenn der Hafenausbau im Jahr 2017 wie geplant vollendet sein sollte, wird er insgesamt 3,9 Milliarden Namibische Dollar verschlungen haben, umgerechnet knapp 270 Millionen Euro, zu hundert Prozent finanziert von der Afrikanischen Entwicklungsbank. Doch ob der avisierte Termin vom chinesischen Konsortium China Harbour Engineering Company (CHEC), das mit den Bauarbeiten beauftragt wurde, eingehalten werden kann, bleibt abzuwarten.


Immerhin befürwortet die namibische Bau- und Minengewerkschaft Manwu den Ausbau. Schließlich haben die Chinesen zugesagt, zu mindestens einem Drittel namibische Arbeitskräfte einzustellen, was dem gesetzlich geforderten Minimum für ausländische Investoren entspricht.


Bremens Namibia-Beziehungen
Seit der Unabhängigkeit Namibias im Jahr 1990 haben sich besonders intensive bilaterale Beziehungen zwischen Deutschland und Namibia entwickelt. Diese gehen zurück auf die gemeinsame Kolonialgeschichte (1884-1915) und die daraus erwachsende besondere Verantwortung Deutschlands. Auch Bremen ist ganz besonders mit Namibia verbunden: Deutsche Truppen hatten in der damaligen Kolonie Deutsch-Südwest-Afrika zwischen 1904 und 1908 rund 75 000 Angehörige des Herero-Volkes und des Nama-Volkes grausam getötet. Mit der in Bremen erfolgten Errichtung eines Mahnmals in Gedenken an diese schrecklichen Ereignisse ist ein Versprechen eingelöst worden, das anlässlich einer internationalen Versöhnungskonferenz in Bremen den Opfergruppen gegeben wurde. Das Mahnmal, bestehend aus 365 Sandsteinen vom Waterberg, befindet sich ganz in der Nähe des „Elefanten“, einem Antikolonialdenkmal – das ursprünglich einmal als „Reichskolonialehrendenkmal“ im Jahr 1931 errichtet wurde. Außerdem wurde im Mai 1990 eine „Gemeinsame Erklärung über kulturelle Zusammenarbeit“ unterzeichnet. Heute arbeiten Bremen und Namibia schwerpunktmäßig in den Bereichen Bildung und Umwelt- sowie Ressourcenschutz zusammen.


Zu den Wirtschaftsbeziehungen sagte Annabelle Girond, Außenhandelsexpertin der Handelskammer Bremen: „Aktuell haben uns 36 Unternehmen mitgeteilt, mit Namibia Geschäftsbeziehungen zu pflegen. Drei davon verfügen – laut eigener Angaben – über eine Vertretung.“


„Generell sehen wir als Handelskammer im ,südlichen Afrika’ gute Rahmenbedingungen für wirtschaftliches Engagement“, so Torsten Grünewald, Referent bei der Handelskammer Geschäftsbereich International. „Südafrika und Namibia werden inzwischen von der Weltbank als ,Länder mit oberem mittlerem Einkommen’ eingestuft und weisen darüber hinaus – im regionalen Vergleich gesehen – eine gute Infrastruktur, einen Finanzsektor auf Weltniveau, erhebliche Rohstoffreserven, in Teilbereichen exzellente Wissenschaft sowie ein verlässliches und unabhängiges Rechtssystem auf.“ Als deutsches Vorzeigeinvestment in Namibia gelte die Errichtung einer Zementfabrik durch die Ulmer Schwenk-Gruppe. Das Projekt zeige, dass es möglich sei, für ein mittelständisches deutsches Unternehmen ein Projekt in Namibia von der Rohstoffverarbeitung bis zum Vertrieb des fertigen Produkts aufzubauen.

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